Loading
Team

Presseartikel über New Karma

Für den Traumberuf paukte Ümit Aykut die deutsche Sprache

Migranten haben es auf dem Arbeitsmarkt meist schwer. Einer, der es geschafft hat, ist Ümit Aykut. Der türkischstämmige Friseur betreibt ein erfolgreiches Geschäft in Erlangen. Wenn Ümit Aykut über türkischstämmige Jugendliche spricht, zeigt er viel Verständnis. Für die Jungen und Mädchen, die oft dem Unterricht nicht folgen können und ohne Abschluss die Schule verlassen. Der 35-Jährige, der heute in Erlangen ein florierendes Friseurgeschäft mit zehn Mitarbeitern hat, erkennt sich in dem ein oder anderen Heranwachsenden wieder: Auch Aykut hatte große Sprach- und Integrationsprobleme, als er mit 15 Jahren nach Deutschland kam. Lehrer und Ausbilder, die ihn in Nürnberg beim Start ins neue Leben helfen wollten, konnten ihm nicht vermitteln, was dann aber die Liebe zum Friseurhandwerk schaffte: „Erst in der Ausbildung ist mir klar geworden, wie wichtig Deutsch ist.“

Dem jungen Mann wird damals schlagartig bewusst, dass er in seinem Traumberuf nur bestehen kann, wenn er die Sprache beherrscht. Für dieses Ziel nimmt er alles in Kauf: durchgepaukte Nächte und Extra-Nachhilfestunden, die er sich vor der anstehenden Gesellenprüfung leistet. Fleiß und Zielstrebigkeit zahlen sich aus: Ümit Aykut bekommt den begehrten Gesellenbrief und erhält die Bestätigung, die ihn in den folgenden Jahren immer weiter vorantreibt. Vielen Jugendlichen mit Migrationshintergrund fehlten solche Erfolgserlebnisse, meint Aykut. Ihre Talente würden häufig weder erkannt noch gefördert. Viele hätten zudem kaum Vorbilder, an denen sie sich orientieren könnten.

Aykut hingegen hatte eine solche positive Figur: „Unsere Mama“, sagt er, „sie hat uns immer angetrieben.“ Nach dem frühen Tod des Vaters verließ sie mit den drei Kindern ihre Heimat. In der Türkei hätte sie es als alleinerziehende Mutter wohl schwerer gehabt als in Deutschland, vermutet Aykut. Außerdem wollte sie den beiden Töchtern und ihrem Sohn eine möglichst gute Ausbildung ermöglichen. Wie sie sich und ihre Familie in Deutschland durchgebracht hat, dient immer noch als Ansporn: „Sie hat mich zum Lernen motiviert“, erinnert sich Aykut. Mit Sätzen wie: „Willst du wie ich als Vorarbeiterin bei der AEG enden?“ hat sie bei ihm den Ehrgeiz geweckt. Die Mutter habe ihm vermittelt: „Wenn du aus dir etwas machst, bleibst du nicht die ungelernte Kraft, sondern bildest womöglich selbst einmal aus.“

So ist es denn auch gekommen. Sechs junge Menschen haben bei Aykut bislang ihre Lehre absolviert, darunter vier Azubis mit ausländischen Wurzeln. Ganz bewusst möchte Ümit Aykut auch jenen eine Chance geben, die aus schwierigen sozialen Verhältnissen stammen. Bisher habe er dabei noch keine einzige Enttäuschung erlebt: „Wenn man ihre Stärken erkennt und ausbaut, geben die Jugendlichen ihr Bestes.“ Natürlich kritisiert er die angehenden Stylisten, wenn es sein muss; geizt aber ebenso wenig mit Lob und Anerkennung. Der freundschaftlich-familiäre Ton wird im Umgang mit seinen Mitarbeitern sofort deutlich. Seine Verantwortung als Ausbilder und Unternehmer nimmt Ümit Aykut ernst. Ebenso wie sein soziales Engagement. Zusätzlich zur Arbeit und den Pflichten eines vierfachen Familienvaters lädt er Schüler häufig zu Workshops in sein Geschäft: Er möchte sie frühzeitig für den Beruf begeistern.

Das Friseurhandwerk ist für Aykut neben seiner Frau und den Kindern das Wichtigste im Leben geblieben. Er liebt die Kreativität, aber auch die präzisen Techniken. Immer wieder besucht er Fortbildungen: „Stillstand“, betont er, „gibt es für mich nicht.“ Im Salon in der Hartmannstraße hängen zahlreiche Auszeichnungen und Wettbewerbsurkunden. Auch die Zertifikate seiner Angestellten schmücken die Wände. Denn stolz ist der Inhaber und Meister nicht nur auf seine Leistung, sondern auch auf die seiner Beschäftigten: „Es macht Spaß, mit ihnen zusammenzuarbeiten.“ Besonders dann, wenn er sieht, wie gut sich sein Nachwuchs entwickelt – und damit auch sein Geschäft. Inzwischen hat er rund 2000 Stammkunden. Manche, die der Beruf ins Ausland verschlagen hat, suchen noch bei jedem Erlangen-Besuch Aykuts Friseurgeschäft auf. Auch ehemalige Studenten, die längst in einer anderen Stadt wohnen, bleiben ihm bis heute treu.

Vor genau zehn Jahren hat der türkischstämmige Friseur mit deutscher Staatsangehörigkeit den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt. Der Schritt hat sich gelohnt. Aykuts Geschichte ist eine Erfolgsgeschichte. Und die will der Inhaber zum runden Jubiläum gebührend feiern: Eine Woche wird er mit seinem Team im Sommer in Istanbul verbringen und die Reise zum Teil selbst finanzieren. Wer drei Jahre dabei ist, zahlt 70 Prozent, wer sechs Jahre bei ihm angestellt ist 40 Prozent – und der Mitarbeiter, der das Geschäft mit aufgebaut hat, wird eingeladen. Hier zahlt der Chef – und zwar alles.

Weiter zum Original

Lesen Sie den Originalartikel auf www.nordbayern.de.

Artikel lesen